E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2016 16)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2016 16: Verwaltungsgericht

Es geht um die steuerliche Nichtanerkennung von Mitarbeiteraktien, die keine Beteiligung am Eigenkapital des Unternehmens darstellen, sondern lediglich eine Gewinnbeteiligung bezwecken. Das Vertrauensprinzip wird verletzt, wenn unlautere Auskunftsbegehren gestellt werden. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 27. Januar 2016 betrifft eine Auseinandersetzung zwischen A.H. und dem Kantonalen Steueramt. Es wird diskutiert, wie echte Mitarbeiterbeteiligungen von unechten zu unterscheiden sind und wie sie steuerlich behandelt werden sollen. Es wird auch auf die steuerliche Umgehung durch bestimmte Gestaltungen hingewiesen. Letztendlich wird festgestellt, dass die Beschwerde abzuweisen ist.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2016 16

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2016 16
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2016 16 vom 22.07.2013 (AG)
Datum:22.07.2013
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv [...] 16 § 26a-26d StG Steuerliche Nichtanerkennung von Mitarbeiteraktien, welche keine Beteiligung am Eigenkapital...
Schlagwörter: Mitar; Mitarbei; Aktie; Aktien; Mitarbeiter; Steuer; Recht; Gewinn; Arbeit; Mitarbeiterbetei; Mitarbeiterbeteiligung; Arbeitge; Einkommen; Rück; Arbeitgeber; Gruppe; Beschwer; Verwaltungs; Beteili; Beschwerdefüh; Verwaltungsgericht; Spezial; Vertrauen; Kapital; Hinsicht; Beschwerdeführers; Rücknahme
Rechtsnorm: Art. 17a DBG ;Art. 654 OR ;Art. 657 OR ;Art. 9 BV ;
Referenz BGE:138 II 239; 141 I 161;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2016 16

[...]
16 § 26a-26d StG - Steuerliche Nichtanerkennung von Mitarbeiteraktien, welche keine Beteiligung am Eigenkapital des Unternehmens, sondern lediglich eine Gewinnbeteiligung bezwecken. - Versagen des Vertrauensprinzips bei unlauterem Auskunftsbegehren. Aus dem Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 27. Januar 2016, i.S. A.H. gegen KStA (WBE.2015.274).
Aus den Erwägungen 3. 3.1. 3.1.1.
2016 Kantonale Steuern 103

Gemäss KS Nr. 5 sind Mitarbeiteraktien Aktien der Arbeitge berin, die Mitarbeitern zu einem Vorzugspreis übertragen werden. Sie sind zum Zeitpunkt der Übertragung durch die Mitarbeitenden als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu versteuern. Als steuerbares Einkommen gilt der Differenzbetrag zwischen dem reduzierten Erwerbspreis und dem Marktwert der Aktien zum Er werbszeitpunkt. Bei gebundenen Mitarbeiteraktien (d.h. bei vereinbarter Sperrfrist) ist der Verkehrswert pro Jahr der Sperrfrist mit 6% zu diskontieren. Der Diskont wird dabei mit dem (subjek tiven) Minderwert der gesperrten Aktien begründet, da der Mitarbei tende während der Sperrfrist nicht verkaufen und damit nicht auf Marktschwankungen reagieren kann. Ein beim Verkauf der Aktien erzielter Gewinn stellt einen steuerfreien Kapitalgewinn dar; ein allfällig erzielter Verlust fällt steuerlich ausser Betracht. 3.1.2. Die geschilderten Grundsätze, welchen unter altem Recht die Verwaltungs- und Gerichtspraxis folgte, wurden mit den bereits er wähnten Gesetzesnovellen explizit in die Einkommenssteuergesetze von Bund und Kantonen aufgenommen (vgl. Art. 7c-f StHG sowie Art. 17a-d DBG; § 26a-d StG). 3.2. 3.2.1. Abgesehen von der Verwendung der zivilrechtlichen Bezeich nung "Aktien" findet sich weder im KS Nr. 5 noch in den neuen Be stimmungen eine Legaldefinition des Begriffs der Mitarbeiteraktien. Der Wortlaut der neuen Bestimmungen ist insoweit unergiebig. Damit ist - wie gerade der vorliegende Fall zeigt, wo es um die Besteuerung individuell nur einem einzigen leitenden Angestellten zugeteilter Aktien geht - das Problem ungelöst, wie (echte) Kapital gewinne, die beim Verkauf am Markt von vom Arbeitgeber erwor benen Aktien erzielt werden von solchen Einkünften abzugrenzen sind, die trotz der zivilrechtlichen Charakterisierung der zugrundelie genden Geschäfte zumindest wirtschaftlich als Entgelt für unselbst ständig erbrachte Arbeit zu charakterisieren sind. In der Literatur und Praxis wird die Problematik, soweit erkenn bar, nirgends eingehend abgehandelt. Im Zusammenhang mit Mitar-
2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 104

beiteraktien findet sich regelmässig nur die Äusserung, bei echten Mitarbeiterbeteiligungen beteilige sich der Mitarbeitende im Ergeb nis am Eigenkapital des Arbeitgebers, dessen Muttergesellschaft einer anderen Konzerngesellschaft. Als unechte Mitarbeiterbetei ligungen werden dagegen eigenkapital- aktienkursbezogene Bargeldanreize bezeichnet, die den Mitarbeitern keine Beteili gungsrechte des Arbeitgebers, dessen Muttergesellschaft einer anderen Konzerngesellschaft einräumen (vgl. etwa MARTIN PLÜSS, in: MARIANNE KLÖTI-WEBER/DAVE SIEGRIST/DIETER WEBER [Hrsg.], Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Auflage, Muri/Bern 2015 [Kommentar StG], N 5 zu § 26a mit Hinweis auf das Kreisschreiben Nr. 37 Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen vom 22. Juli 2013 [zum neuen Recht]). Immerhin finden sich im neuen Kreisschreiben Textpassagen, die darauf hindeuten, dass sich die Praxis der Problematik bewusst ist, wird doch im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen ech ten und unechten Mitarbeiterbeteiligungen ausgeführt, in der Regel werde durch unechte Mitarbeiterbeteiligungen nur eine Geldleistung in Aussicht gestellt. Weil diese Instrumente dem Mitarbeitenden re gelmässig keine weiteren Rechte wie Stimm- und Dividendenrechte einräumten, gälten sie bis zu ihrer Realisation als blosse Anwart schaften (vgl. KS Nr. 37 Ziff. 2.3.2.). Darüber hinaus hat auch das Verwaltungsgericht Zürich in einem Entscheid, der Beteiligungen betraf, die leitenden Mitarbeitenden an einer von der Mutter gesellschaft gegründeten Beteiligungsgesellschaft eingeräumt wor den waren, die entsprechenden Beteiligungsrechte nicht als Mitar beiteraktien anerkannt. Namentlich weil die Möglichkeit, sich an der Beteiligungsgesellschaft zu beteiligen, nur einem äusserst begrenzten Personenkreis von Konzernleitungsmitgliedern offenstand und diese mittels ihnen eingeräumter Put-Optionen das Verlustrisiko minimie ren und die Beteiligungsrechte jederzeit wieder an ihren Arbeitgeber zurückgeben konnten, gelangte das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass bei der Veräusserung solcher Beteiligungsrechte erzielter Gewinn steuerlich nicht etwa steuerfreien Kapitalgewinn, sondern wegen des engen Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit
2016 Kantonale Steuern 105

darstelle (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich vom 27. Juni 2012 [SB.2010.00148]). 3.2.2. Wortlaut und systematische Stellung der neuen Bestimmungen geben für die Auslegung hinsichtlich der dargelegten Problematik nur wenig her. Die neuen Bestimmungen erwähnen zwar Aktien, Ge nussscheine, Partizipationsscheine und Genossenschaftsanteile als Beispiele von Mitarbeiterbeteiligungen. Allein daraus lässt sich indessen kaum schliessen, dass damit alle zivilrechtlich in dieser ähnlicher Weise ausgestalteten Konstrukte nach dem Willen des Gesetzgebers als echte Mitarbeiterbeteiligungen qualifizieren sollen. Das erhellt zum einen daraus, dass bereits das Gesetz zwar diese zivilrechtlichen Begriffe enthält, als zentralen Anknüpfungspunkt je doch den im Zivilrecht nicht verwendeten Begriff der Mitarbeiter beteiligung benutzt (vgl. Marginale zu § 26a StG; ebenso Marginale zu Art. 7c StHG und zu Art. 17a DBG; ebenso sprechen die Ge setzestexte von "Beteiligungen anderer Art, die die Arbeitgeberin, deren Muttergesellschaft eine andere Konzerngesellschaft den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abgibt"). Zentral ist somit für den Gesetzgeber der Begriff der Beteiligung und nicht etwa die einfache Anknüpfung an bestimmte zivilrechtliche Ausgestaltungen. Dies erhellt auch aus dem Anliegen der Revision, das darin bestand, Rechtssicherheit für Mitarbeiterbeteiligungen zu schaffen (vgl. BBl 2005 587). Durch die Revision sollte der Bedeutung, die Mitarbeiter beteiligungen in den letzten Jahren gewonnen haben, Rechnung getragen werden. Es sollten die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass Unternehmen die Voraussetzungen für ein leistungsorientiertes, unternehmerisches Verhalten ihrer Mitarbei terinnen und Mitarbeiter schaffen. Insbesondere jungen Unterneh men sollte ermöglicht werden, "zu günstigen Kosten hochquali fizierte Mitarbeitende einzustellen, die erst Steuern bezahlen müssen, wenn sich der Erfolg auch einstellt" (BBl 2005 587). Auch diese Passage in der bundesrätlichen Botschaft verdeutlicht, dass es in erster Linie darum ging, sichere steuerliche Randbedingungen für bestimmte Arten von Lohnanreizen zu schaffen und nicht darum, Ve hikel zur Verfügung zu stellen, welche eine möglichst steuerbefreite
2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 106

Erzielung von Lohn wirtschaftlich lohnähnlichen Einkünften er lauben. 3.2.3. Sinn einer echten Mitarbeiterbeteiligung ist es, den Mitarbeiten den am Eigenkapital der Gesellschaft zu beteiligen. Dabei ist es möglich, den Mitarbeitenden von wesentlichen Aktionärsrechten aus zuschliessen, so etwa dem Stimmrecht. Sowohl das alte Recht wie nunmehr auch § 26a Abs. 1 lit. a StG (ebenso Art. 7c Abs. 1 lit. a StHG und Art. 17a Abs. 1 lit. a DBG) bestimmen ausdrücklich, dass auch Genuss- und Partizipationsscheine als echte Mitarbeiterbetei ligungen anzusehen sind. Auch bei diesen Beteiligungsformen be steht indessen immerhin ein Anspruch auf Gewinnausschüttungen bzw. Beteiligung am Liquidationsergebnis (vgl. Art. 656f Abs. 1 so wie Art. 657 OR); dass dieser durch die Gewinnausschüttungspolitik der Gesellschaft faktisch erheblich beschränkt werden kann, ändert nichts. Auch der Umstand, dass gewisse Aktien als Vorzugsaktien ausgestaltet sind (vgl. Art. 654 f. OR) und allfällige Mitarbeiteraktien nicht, lässt deren steuerliche Qualifikation unberührt. Auch Ver äusserungsbeschränkungen die Pflicht, eine Mitarbeiteraktie im Falle des Verkaufs zunächst dem Arbeitgeberunternehmen anbieten zu müssen, lassen den Charakter der einem Mitarbeitenden zugeteil ten Aktie als Mitarbeiteraktie im steuerrechtlichen Sinn unverändert. Der Umstand, dass eine Mitarbeiterbeteiligung in verschie denster Hinsicht wie dargelegt gegenüber einer "normalen" Aktie Be schränkungen unterliegen kann (Beschränkung des Gewinnrechts, der Veräusserbarkeit, des Stimmrechts etc.) ändert indessen nichts daran, dass in wirtschaftlicher Hinsicht von einer echten Mitarbeiter beteiligung nur dann gesprochen werden kann, wenn als wesentlicher Inhalt der Begebung von Mitarbeiterbeteiligungsrechten eine Beteili gung am Eigenkapital der Gesellschaft gewollt ist und - der bei einer Veräusserung einer allfälligen Beteiligung erzielte Gewinn qualifi ziert in steuerlicher Hinsicht als steuerfreier Kapitalgewinn - nach Ablauf einer allfälligen Sperrfrist eine realistische Möglichkeit zur (echten) Veräusserung der Mitarbeiterbeteiligung besteht. Als essen tialia des steuerrechtlichen Begriffs der Mitarbeiterbeteiligung müssen damit zum einen die echte Beteiligung am Kapital einer
2016 Kantonale Steuern 107

Gesellschaft (d.h. eben nicht wie bei der unechten Beteiligung eine blosse Koppelung gewisser Lohnbestandteile an die Gewinnent wicklung der Gesellschaft) und damit einhergehend die dieser Beteiligung innewohnende Möglichkeit der echten Realisierung eines Kapitalgewinns am Markt angesehen werden (oder eben auch eines Verlusts; ein erheblicher Reiz des Instruments liegt eben auch in der Volatilität des Instruments; der praktische Ausschluss einer Verlustmöglichkeit dürfte wie der bereits angeführte Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich zeigt, ebenfalls die Qualität eines Instruments als Mitarbeiterbeteiligung im steuerrechtlichen Sinn ausschliessen). 3.2.4. Die hier zu beurteilende Mitarbeiterbeteiligung stellt sich bei einer genaueren Analyse ihres wirtschaftlichen Gehalts gesamthaft betrachtet nicht als echte Mitarbeiterbeteiligung im steuerrechtlichen Sinn, sondern als Schema zur steuerbegünstigten aufgeschobenen Auszahlung eines quantitativ direkt mit dem Erfolg des Unterneh mens gekoppelten Bonus dar: Der Beschwerdeführer hat (selbst wenn offenbar auch andere leitende Mitarbeitende von Gruppengesellschaften der X. Gruppe an Gruppengesellschaften beteiligt werden können) als einziger Arbeitnehmer der Y. Aktien dieser Gesellschaft erworben; die restlichen Aktien verblieben als Vorzugsaktien im Eigentum der Z. AG. Die erworbenen Aktien be rechtigten nicht zum Dividendenbezug, obwohl Dividenden - an die Muttergesellschaft - ausgeschüttet wurden. Statt einer Dividenden ausschüttung wurde der auf den Beschwerdeführer entfallende Gewinnanteil einer allein für ihn reservierten Spezialreserve gut geschrieben. Infolge der bestehenden Sperrfrist durfte er nicht über die Aktien verfügen. Eine Verfügung über die Aktien war auch tat sächlich ausgeschlossen, da diese gemäss Ziff. 6. des Aktionär bindungsvertrags zu hinterlegen waren. Schliesslich hatte der Be schwerdeführer die Aktien der Muttergesellschaft nach Ablauf der Sperrfrist anzubieten und konnte sie nicht freihändig verkaufen (vgl. Art. 10 Aktienplan, Ziff. 7.-9. des Aktionärbindungsvertrags). Ein freihändiger Verkauf der Aktien wäre im Übrigen aus verschiedenen Gründen kein realistisches Szenario gewesen. Zum einen hätten, da
2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 108

einem Kaufinteressenten nur die Zahlen der ordentlichen Abschlüsse hätten vorgelegt werden können, verlässliche Angaben über den Ver kehrswert gefehlt. Zum andern handelte es sich bei den Aktien um solche einer im Wesentlichen personenbezogenen Gesellschaft, die überdies Teil der X. Gruppe und damit in ihrem Schicksal weithin von dieser abhängig war; die Aktien waren daher in jedem Fall, wenn überhaupt, im Fall eines freihändigen Verkaufs nur in einem sehr be schränkten Umfang überhaupt verkehrsfähig (wobei selbst für einen Rückkauf realistische Bewertungskriterien gänzlich fehlten, sondern im Ergebnis einfach eine nachträgliche Ausschüttung der sog. Spezialreserve als Verkaufserlös erfolgen sollte). Insgesamt ist damit davon auszugehen, dass realistisch für den Beschwerdeführer als Erwerber der Aktien nur die Möglichkeit bestand, die Aktien an die X. Gruppe zurück zu verkaufen, welche ihm dann einen Preis unter Berücksichtigung der seit dem Erwerb geäufneten Spezialreserve ga rantierte. Im Ergebnis liegt damit entgegen der Auffassung des Beschwer deführers nicht etwa eine Mitarbeiterbeteiligung, sondern die Abrede einer zeitlich aufgeschobenen Gewinn- und Verlustbeteiligung vor. Entgegen der Auffassung des Spezialverwaltungsgerichts war dabei zwar auch möglich, dass der Beschwerdeführer an Verlusten der Y. partizipiert hätte, indem Verluste im Umfang von 17% der Spezial reserve belastet worden wären und damit den Gewinnanteilsanspruch des Beschwerdeführers hätten verringern können. Ein solcher Effekt wurde indessen, worauf das KStA in seiner Stellungnahme zur Be schwerde zutreffend hinweist, durch die Diskontierung hier (nur ge ringe Verluste der Y. während der Haltedauer) jedenfalls voll kompensiert, so dass der Beschwerdeführer insoweit nur einem geringen Risiko unterlag. Entscheidend ist allerdings, dass zwar ein geringes Verlustrisiko bestand, es jedoch von vornherein klar war, dass es sich bei den an den Beschwerdeführern abgegebenen Titeln um keine (auch nach Ablauf der Sperrfrist) tatsächlich handelbaren Aktien handeln würde - und auch realistische Grundlagen für die Preisbemessung im Fall eines Rückkaufs der Aktien durch die Ge sellschaft definitionsgemäss (Rückkauf zum Substanzwert zuzüglich Betrag der Spezialreserve) fehlen würden -, der Beschwerdeführer
2016 Kantonale Steuern 109

und die X. Gruppe aber dennoch davon ausgingen, dass der Beschwerdeführer nach Ablauf der Sperrfrist (oder in gegenseitigem Einvernehmen auch früher) von seiner Arbeitgeberin zusätzlich zu seinem Lohn den seiner Beteiligung entsprechenden während der Sperrfrist entstandenen und in der Spezialreserve thesaurierten Ge winn würde beziehen können. Der Beschwerdeführer hat somit mit dem "Verkauf" seiner Aktien an die X. Gruppe nicht etwa einen Kapitalgewinn erzielt, sondern eine Einkunft bezogen, die nach dem wirklichen Willen der Parteien während der Sperrfrist zu thesaurieren war. Das entsprechende Einkommen ist daher als Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu erfassen. Diese Qualifikation des hier zu behandelnden "Mitarbeiter beteiligungsschemas" fusst, wie bereits dargelegt, nicht etwa auf einer kurzschlüssigen, nicht weiter begründeten Annahme einer wirtschaftlichen Anknüpfung bei der Auslegung (vgl. zum Begriff und zur Kritik, die Praxis nehme bisweilen ohne weiteres eine wirtschaftliche Anknüpfung einer Steuernorm an: SILVIO BAUM-
BERGER, Die Grenzen des Legalitätsprinzips im Steuerrecht, AJP 2012, S. 911). § 26a Abs. 1 lit. a StG, der im Wesentlichen die bis dahin unter Herrschaft des KS Nr. 5 geltenden Grundsätze übernimmt, zählt wie das KS Nr. 5 (vgl. KS Nr. 5 Ziff. 2.1.) Aktien, Genussscheine etc., wie bereits erwähnt, nämlich nur als Beispiele für die Beteiligung eines Arbeitnehmers am Unternehmen des Arbeit gebers auf. Daneben definiert § 26a Abs. 2 StG unechte Mitar beiterbeteiligungen als Anwartschaften auf blosse Bargeldabfin dungen (im KS Nr. 5 fehlen entsprechende Kriterien ganz). Diese Abgrenzung (hier Beteiligung, dort Bargeldabfindung) bleibt zu mindest teilweise begriffsunscharf, da es letztlich - bei echter wie unechter Beteiligung - immer um einen geldwerten Vorteil geht, durch den Mitarbeitende enger ans Unternehmen gebunden werden sollen. Selbst aus der neuen gesetzlichen Formulierung ergibt sich indessen klar, dass der Gesetzgeber nur wirkliche Beteiligungen am Eigenkapital des Unternehmens des Arbeitgebers steuerlich als Mitarbeiterbeteiligungen behandelt sehen wollte und nicht etwa Schemen, die in erster Linie direkt auf Geldflüsse an den Arbeitneh mer (wenn auch solche, die vom Erfolg des Unternehmens abhängig
2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 110

sind) zielen. Deshalb kann eben, wie dargelegt, nicht einfach an die zivilrechtlichen Begriffe von Aktie, Genussschein etc. angeknüpft werden. Vielmehr ist die wirtschaftliche Funktion eines Beteiligungs plans in jedem Fall konkret zu untersuchen und sind nur solche Mitarbeiterbeteiligungen in steuerlicher Hinsicht als echte Mitarbei terbeteiligungen zu qualifizieren, die wirklich auf eine Unter nehmensbeteiligung ausgerichtet sind. Im Fall der "Beteiligung" des Beschwerdeführers an der Y. steht klar eine zwar aufgeschobene, aber direkte, unmittelbar geldmässige Partizipation an den Jahres ergebnissen der Y. im Vordergrund, so dass die zivilrechtlich als Stammaktien ausgestaltete Beteiligung in steuerlicher Hinsicht nicht als echte Mitarbeiterbeteiligung qualifiziert werden kann. 4. Das von der X. Gruppe und dem Beschwerdeführer von der Überlassung der Aktien der Y. bis zu deren Rücknahme durch die X. Gruppe acht Jahre später gewählte Vorgehen erscheint im Übrigen, worauf das KStA zutreffend hinweist, als ungewöhnlich. Die von den Parteien gewählte Geschäftsgestaltung mittels Aktienvereinbarung, Aktienplan, Aktionärsbindungsvertrag und Rücknahmevertrag zielte wie dargelegt, in Wirklichkeit nicht auf eine mittel- langfristige Beteiligung des Beschwerdeführers an der Y. als einer der Tochterge sellschaften der X. Gruppe, sondern darauf, dass dieser nach Rück nahme der Aktien die bis dahin seit Begebung der Aktien aufgelaufe nen, seiner Beteiligungsquote entsprechenden Gewinne vereinnah men kann. Um dieses Ergebnis zu bewerkstelligen, hätte es keiner aktienmässigen Beteiligung des Beschwerdeführers an der Y. bedurft. Diese wurde nur deshalb gewählt, um auf diese Weise eine erhebli che Steuerersparnis zu erzielen, indem das bei der Rücknahme der Aktien erzielte Einkommen als Kapitalgewinn einkommenssteuerfrei hätte bleiben sollen. Diese Steuerfreiheit hätte die Vermögenssteuer, die für die Aktien während deren Haltedauer zu entrichten war, bei weitem aufgewogen, d.h. die Versteuerung der Gewinnbeteiligung als Einkommen hätte in ganz beträchtlichem Ausmass eine höhere Einkommenssteuerlast ausgelöst als die kumulierte Vermögens steuerlast während der Haltedauer der Aktien. Damit sind hier entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch sämtliche
2016 Kantonale Steuern 111

Voraussetzungen für die Annahme einer Steuerumgehung (Unge wöhnlichkeit der gewählten Rechtsgestaltung, Ausrichtung der ge wählten Rechtsgestaltung auf eine erhebliche Steuerersparnis sowie tatsächliche Steuerersparnis, sofern die Rechtsgestaltung steuerlich hingenommen würde; vgl. zum Ganzen BGE 138 II 239, Erw. 4 mit zahlreichen Hinweisen) erfüllt, so dass auch aus diesem Grund nicht die vom Beschwerdeführer und der X. Gruppe gewählte Rechts gestaltung hinzunehmen, sondern das Gesamtgeschäft in steuerlicher Hinsicht wie das Rechtsgeschäft, das eigentlich gewollt war, nämlich eine - aufgeschobene - Gewinnbeteiligung, deren Auszahlungs zeitpunkt auf den Willen des Beschwerdeführers gestellt war, zu behandeln ist. 5. 5.1. In masslicher Hinsicht ist entgegen den Vorinstanzen davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Umfang der Differenz zwischen dem 2002 bezahlten Kaufpreis, der wirtschaftlich nichts anderes als ein Entgelt für die vereinbarte Gewinnbeteiligung ("Ein trittspreis": Fr. 71'514.75) darstellt, und dem im Jahr 2009 erhaltenen "Preis" für die Rücknahme der Aktien (Fr. 388'240.00) Einkommen zugeflossen ist (Fr. 388'240.00 abzüglich Fr. 71'514.75 = Fr. 316'725.25). Dabei stellt sich indessen die Frage, ob, da das Ver waltungsgericht den angefochtenen Entscheid nicht zu Ungunsten der beschwerdeführenden Partei abändern darf (§ 199 Abs. 2 StG), die bisher noch nicht in die Besteuerung einbezogene Diskontierung der Einkommenssteuer unterworfen werden darf. 5.2. Im Hinblick auf die Beantwortung dieser Frage, ist zu beachten, dass zu besteuerndes Einkommen die in den letzten acht Jahren aufgelaufene Beteiligung am Gewinn der Y. bildet. Es wäre daher zu mindest denkbar, die kumulierte Gewinnauszahlung im Jahr 2009 als Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 44 StG zu betrachten und dementsprechend die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte zu dem Steuersatz zu berechnen, der sich ergäbe, wenn an Stelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet wurde. Nur wenn
2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 112

die gemäss dieser Regel ermittelte Steuerlast die Steuerlast unter Zu grundelegung der vom Spezialverwaltungsgericht gewählten Besteuerung überschritte, läge überhaupt eine von § 199 Abs. 2 StG verpönte reformatio in peius vor. Gegen dieses Vorgehen spricht, dass das Bundesgericht es abgelehnt hat, eine Steuersatzermässigung dann Platz greifen zu lassen, wenn die Ausrichtung einer Kapital abfindung anstelle periodischer Teilleistungen und der Aus zahlungszeitpunkt von der Wahl des Beteiligten abhängen, was hier zweifellos der Fall war (Entscheid vom 5. Oktober 2000 [2A.68/2000]). Dieser Rechtsprechung folgt auch das Spezialverwal tungsgericht und es sind keine zwingenden Gründe erkennbar, wa rum das Verwaltungsgericht ihr seinerseits nicht folgen sollte (vgl. dazu HANS-JÖRG MÜLLHAUPT, Kommentar StG, § 44 N 2 mit Hin weis). Dementsprechend muss es mit der vom Spezialverwaltungs gericht gewählten Besteuerung (Erfassung der Spezialreserve im Umfang des diskontierten "Marktwerts" der Aktien bei Rücknahme [89%]) sein Bewenden haben. 6. 6.1. Der Beschwerdeführer beruft sich auf den Vertrauensschutz, ge nauer auf die vom Bundesgericht für das Vertrauen in behördliche Auskünfte und insbesondere in Auskünfte von Steuerbehörden (sog. Rulings) entwickelten Regeln. Mit schriftlicher Anfrage habe die X. Gruppe, nachdem sie schon 2001 ein Ruling vom Kantonalen Steuer amt Zürich eingeholt habe, am 22. Dezember 2008 eine entspre chende Anfrage beim KStA gestellt. Dieses habe der Rechtsauffas sung der X. Gruppe, wonach es sich bei den an den Beschwerde führer zugeteilten Aktien der Y. in steuerlicher Hinsicht um eine echte Mitarbeiterbeteiligung und dementsprechend beim aus einer allfälligen Rücknahme durch die Arbeitgeberin resultierenden Ge winn um einen steuerfreien Gewinn handle, am 27. Februar 2009, d.h. noch weit vor der Rücknahme der Aktien durch die X. Gruppe am 17. November 2009, zugestimmt. Damit seien die Voraussetzun gen für die Gewährung des Vertrauensschutzes, d.h. konkret den Nichteinbezug des bei der Rücknahme der Aktien erzielten Gewinns in die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer 2009, erfüllt.
2016 Kantonale Steuern 113

Diese Rechtsauffassung des Beschwerdeführers ist in verschie dener Hinsicht fehlerhaft, so dass ihm die Steuerkommission und in der Folge das Spezialverwaltungsgericht zu Recht die Gewährung des von ihm verlangten Vertrauensschutzes versagt haben. 6.2. 6.2.1 Rulings bilden einen Anwendungsfall des allgemeinen Vertrauensschutzes. Es handelt sich um vorgängige Auskünfte der Steuerverwaltung, die zwar nicht Verfügungscharakter haben, aber nach den allgemein anerkannten Grundsätzen von Treu und Glauben (Art. 9 BV) Rechtsfolgen gegenüber den Behörden auslösen können. Voraussetzung für die Bindungswirkung des "Rulings" ist, dass sich (a) die Auskunft der Behörde auf eine konkrete, den Rechtsuchenden berührende Angelegenheit bezieht; (b) dass die Behörde, welche die Auskunft gegeben hat, hierfür zuständig war der Rechtsuchende sie aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte; (c) dass der Rechtsuchende die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres hat erkennen können; (d) dass er im Vertrauen hierauf nicht ohne Nachteil rückgängig zu machende Dispositionen getroffen hat; (e) und dass die Rechtslage zur Zeit der Verwirklichung noch die gleiche ist wie im Zeitpunkt der Auskunftserteilung (BGE 141 I 161, Erw. 3.1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen der bundesgericht lichen Rechtsprechung). 6.2.2. Aus dem Umstand, dass Rulings einen Anwendungsfall des all gemeinen Vertrauensschutzes darstellen, folgt, dass auch bei Rulings sämtliche allgemein geltenden Bedingungen für die Gewährung des Vertrauensschutzes erfüllt sein müssen, die - auch wenn nicht aus drücklich genannt - implizit in den oben genannten Bedingungen enthalten sind. Dabei ist vor allem zu beachten, dass die Voraus setzung, wonach der Rechtsuchende die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen können darf, nichts anderes als den all gemeinen Vorbehalt des guten Glaubens des Rechtssuchenden zum Ausdruck bringt. Das Fehlen des guten Glaubens des Rechtssuchen den ist aber nicht nur dann zu verneinen, wenn er von der Fehlerhaf tigkeit einer Auskunft weiss wissen muss, sondern auch dann,
2016 Obergericht, Abteilung Verwaltungsgericht 114

wenn er diese durch unlautere Mittel, wie bewusst falsche unvollständige Angaben, selbst (mit)verursacht hat (vgl. statt vieler BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, Basel 1983, S. 92 und dort die Nachweise bei FN 20). 6.2.3. 6.2.3.1. Hier ergibt sich aus den Akten zunächst, dass die infrage stehenden Aktien und deren Besteuerung schon im Jahr 2008 Gegen stand von Gesprächen zwischen dem Steueramt W. und dem Vertre ter des Beschwerdeführers waren. Dabei war das Steueramt schon damals nicht dazu bereit, der Betrachtungsweise des Beschwerdefüh rers zu folgen, wonach ein aus der Rücknahme der Aktien durch die Arbeitgeberin resultierender Gewinn als steuerfreier Kapitalgewinn und nicht als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu betrachten sei. In der Folge entspann sich eine Diskussion zwischen Steueramt und Vertreter darüber, welche Einkommenssteuerfolgen der Beschwerdeführer allenfalls im Zusammenhang mit einer Rück nahme der Aktien zu akzeptieren bereit sein würde. Auch wenn we der der Beschwerdeführer selbst noch dessen Vertreter in der Folge bei Einreichung der Rulinganfrage ans KStA am 22. Dezember 2008 in Erscheinung traten, sondern allein die als Organ der X. Gruppe handelnden Verwaltungsräte A.B. und C.D., erhellt doch schon aus dem zeitlichen Ablauf, dass die Rulinganfrage offensichtlich dazu dienen sollte, die Schwierigkeiten, welchen die vom Beschwerde führer bzw. seiner Arbeitgeberin gewünschte Besteuerung beim Steueramt am Wohnsitz begegnete, zu beheben. 6.2.3.2. Unvollständig war die Anfrage im Übrigen auch, worauf bereits die Vorinstanz zutreffend hingewiesen hat, hinsichtlich des Um stands, dass die Zuteilung der Aktien der Y. nicht etwa bevorstand, sondern bereits mehrere Jahre zuvor erfolgt war. Auch dieser Umstand hätte das KStA mit Sicherheit zu einer eingehenderen Prüfung der Angelegenheit veranlasst, wäre doch dann erkennbar gewesen, was mit der Anfrage sicher gestellt werden sollte, nämlich allein die Steuerfreiheit eines aus der Rücknahme der Aktien des
2016 Kantonale Steuern 115

Beschwerdeführers durch seine Arbeitgeberin resultierenden Gewinns. 6.2.3.3. Wiederum zutreffend macht die Vorinstanz im Übrigen auf eine weitere Unvollständigkeit in der Rulinganfrage aufmerksam, nämlich den Umstand, dass die konkreten Randbedingungen mit Bezug auf den Beschwerdeführer - einziger Mitarbeiter der Y., der Aktien be ziehen konnte und auch bezog, namentliche Bezeichnung des Be schwerdeführers - nicht umschrieben wurden. 6.2.3.4. Insgesamt erscheint die Rulinganfrage damit als der gezielte Versuch, mittels einer möglichst unkonkret gehaltenen Anfrage durch Verschieben vom Steueramt W. auf eine höhere Hierarchiestufe die Schwierigkeiten, die im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des Gewinns aus einer Rücknahme der Aktien durch die Arbeitgeberin des Beschwerdeführers, aufgetaucht waren, zu "umschiffen". Es kann offen bleiben, ob dieses Verhalten des Beschwerdeführers bzw. von dessen Arbeitgeberin nicht sogar als treuwidrig zu bezeichnen wäre. Entscheidend ist allein, dass die in verschiedener Hinsicht un vollständige Präsentation des zu beurteilenden Sachverhalts in der Ruling-Anfrage keinen Vertrauensschutz zu begründen vermag. In dem der Beschwerdeführer bzw. dessen Arbeitgeberin es nämlich un terliessen, einen vollständigen Sachverhalt zu präsentieren, verhin derten sie eine in jeder Hinsicht umfassende Prüfung der sich stellenden Rechtsfragen durch das KStA. Damit kann der Beschwer deführer nicht als gutgläubig betrachtet werden, weshalb die Gewäh rung von Vertrauensschutz ausser Betracht fällt. 7. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegrün det und ist abzuweisen.
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.